MiniDisc oder CD?

Standard Minidisc 74 Min.    CD HOBO der United Balls  [ Hier geht es zum Forum für Fragen rund um Audio und Video  ] 

Ich treffe immer wieder auf Leute, die alle dasselbe Problem haben: bisher war der gute alte Vinyl-Plattenspieler ausreichend, aber mit zunehmendem Alter (auch der Platten) wächst die Überzeugung, daß etwas "passieren" müsse. Daraufhin werden schlaue Hefte gewälzt (Bücher sind hier rar) und dubiose Quellen gewählt (Freunde, die hinter vorgehaltener Hand in die Welt gesetzte Gerüchte ohne eigene Erfahrung als absolute Wahrheiten verkaufen), bis sie dann schließlich völlig entnervt mit den gegensätzlichen Informationen zu mir kommen.
Nun bin ich zwar mit reichlich Erfahrung gesegnet, was Audio anbetrifft, mußte aber auch erstmal meine digitalen Sporen verdienen.

Die ersten Minidisc-Recorder konnten mich vom Klang nicht überzeugen. Das war so um 1995. Damals konnte man problemlos zwischen Analog-Aufnahmen und Minidisc unterscheiden. Inzwischen jedoch hat sich die Situation grundlegend verändert. Das von SONY entwickelte "ATRAC" Verfahren (ein adaptives Signal-Verringerungs-Verfahren) wurde immer intelligenter beim Analysieren der Hörbarkeit von Tonsignal-Veränderungen, und das heute im Einsatz befindliche ATRAC 4, 5 oder höher ist jenseits von Gut und Böse. Ernsthaft.

Signal-Verringerung

Oh Gott - ich will doch nichts verlieren! denken da sicher einige. Keine Sorge, alles wird gut! Der Trick bei allen guten Digitalisierungsverfahren besteht nämlich darin, nicht alle absoluten Signal-Anteile zu übertragen, sondern zu einem gewissen Prozenzsatz nur die Veränderungen zu speichern. Die Verfahren unterscheiden sich dabei fast nur im verwendeten Algorithmus, also in der "Intelligenz" des Verfahrens.

Im Gegensatz zu dem vom Fraunhofer-Institut entwickelten und fehlerbehafteten MP3-Verfahren folgt der ATRAC Standard eher dem musikalischen Aspekt eines Programms, was dazu führt, daß Dynamik und Obertöne schön luftig erhalten bleiben.

Was kann MiniDisc und was nicht?

Minidisc ist grundsätzlich ein magneto-optisches Medium. Das bedeutet, daß die Information mit Laser geschrieben und gelesen wird, aber trotzdem in gewissem Umfang magnetische Speicherfunktionen genutzt werden, die allerdings nur bei Anwesenheit von Laserfunktion aktiv werden können. Dadurch ist das System einerseits sehr flexibel (wiederbeschreibbar, veränderbar) und trotzdem sehr datensicher (gegen rein magnetische Einflüsse beispielsweise). Die Daten der Minidisc und das Inhaltsverzeichnis, das so genannte TOC (Table Of Contents) werden getrennt aufbewahrt. Daurch kann man nach der Aufnahme die Titelreihenfolge verschieben, Titel löschen, benennen etc. Erst nach einer extremen Vielzahl von Manipulationen wird man feststellen, daß der dabei effektiv verfügbare Speicherplatz langsam immer weniger wird, weil der TOC-Bereich eben irgendwann voll ist. Wird eine Minidisc hingegen komplett gelöscht, werden die Bereiche wieder freigegeben. Theorethisch ist ein mehr als 100 000-faches Beschreiben einer Minidisc ohne Qualitätsverlust denkbar. Die Information kann analog oder digital auf die Minidisc gelangen. Bei (optisch) digitaler Aufnahme von einem kopiergeschützten Medium, etwa einer CD, wird das Copyright-Byte mit übertragen, und daher ist diese Art der Kopie auch nur in erster Generation möglich. Im Klartext: CDs können auf Minidisc digital kopiert werden, aber die kopierte Minidisc kann dann nicht mehr digital kopiert werden, wohl aber analog.

Aufnehmen mit Minidisc

Minidisc-Recorder sind in zwei Varianten erhältlich: stationäre Homegeräte und portable Mini-Recorder für unterwegs. Für die digitale Aufnahme sind beide Gerätetypen uneingeschränkt tauglich, hier gibt es nur noch Unterschiede bei den sogenannten "Extra-Features". Bei allen stationären Geräten kann bereits während der Aufnahme der Name des aktuellen Titels (oft auch bereits der Name des Mediums) eingegeben werden. Portable Geräte erlauben dies in der Regel erst nachträglich. Die Aussteuerung des digitalen Pegels ist nur bei wenigen stationären Geräten möglich, meist geschieht dies "automatisch" mit dem Original-Pegel der Quelle. Bei portablen Geräten wird der Analog-Pegel meist automatisch geregelt, was gelegentlich bei großen Pegeln für geschulte Ohren zu erkennbaren, wenn auch nicht sonderlich störenden Kompressionseffekten führt. Um Mißverständnisse auszuräumen, diese liegen in der Regel unterhalb der Grenzen, in denen Pop-Rundfunksender komprimieren! Im allgemeinen kann man sagen, die Qualität von Minidisc ist so hoch, daß es sich empfiehlt, auf Minidisc zu "mastern", also die komplette Aufnahme und Aufnahme-Nachbearbeitung auf Minidisc auszuführen, bevor man eine eigene Audio-CD erstellt.

Bei der digitalen Aufnahme mit Minidisc werden die Trennpausen zwischen den Stücken einer CD mit übertragen, bei zukünftigen Geräten und Medien wird sogar der CD-Text auswertbar sein. Diese Pausen werden auch bei der Kopie zwischen zwei Minidiscs übertragen, solange dies digital geschieht.

Achtung: Auch wenn es sich um eigenes Material handelt, wird bei der Aufnahme auf Minidisc ein Copyright-Byte gesetzt, es kann also auch hier nur in erster Generation einmal digital kopiert werden, danach erst wieder nach Analog-Überspielung!

Nur der Vollständigkeit halber soll deshalb darauf hingewiesen werden, daß diverse Anbieter, wie etwa die Firma HUCHT Geräte und Modifikationsplatinen im Programm führen, um diesem Dilemma zu entkommen. Man sollte aber auch hier auf jeden Fall darauf achten, daß Copyrights Dritter hierbei nicht verletzt werden. Viele Musiker, vor allem Komponisten, leben von der GEMA!

Hier wird eigentlich schon erkennbar, wie meine Empfehlung lautet: Wer bisher einen Analog-Plattenspieler hatte und seine einmaligen Vinyl-Aufnahmen retten möchte, der sollte sie am besten auf Minidisc überspielen, die Qualität ändert sich dann nicht mehr. Auch wenn das Material von Audio-Puristen dann abwertend abgetan wird wegen des Knisterns und Rauschens, es ist doch immerhin Eure Musik! Außerdem kommen ab sofort weder Knistern noch Knacken, oder Rauschen hinzu! Irgendwann findet man dann entweder jemanden, der einem die Minidisc auf CD brennem kann (zur Not kann ich in Einzelfällen aushelfen) oder man legt sich selber einen sogenannten Stand-alone Audio-CD-Writer zu. Bitte beachten, daß diese Geräte spezielle, etwas teurere AUDIO-Rohlinge benötigen, bei denen die GEMA-Abgabe bereits enthalten ist. Computer-CD-Rohlinge können von handelsüblichen Audio-CD-Writern nicht verwendet werden

Hilfe - es rauscht und knackt!

Viele Besitzer von Analog-Aufnahmen stellen beim Überspielen entsetzt fest, daß ausgerechnet ihr Lieblingsstück entsetzlich rauscht oder knackt. Viele greifen deshalb zur Überspielung auf dem Computer, da man dort ja bequem "entrauschen" oder "entknacken" kann. Was ist davon zu halten? Geschmackssache, würde ich sagen. Ein feines, musikalisches Gehör empfindet die gestutzten, reduzierten Ergebnisse meist als viel störender und unangenehmer als die paar Kratzer und das bißchen Rauschen. Und was das allgemeine Überspielen auf Computer oder gar das direkte Überspielen auf CD angeht, das Ergebnis ernüchtert meist dadurch, das man am Ende ein einziges Stück erhält, das ohne Trenner so lang ist wie eine Plattenseite. Außerdem braucht man für eine Schallplatte zwei CDs, da ein "Anhalten" nicht möglich ist, es sei denn man verwendet Geräte mit Burn-Proof Technik, die es allerdings bisher nur im Computerbereich für ein Heidengeld gibt. Nur so nebenbei erwähnt sei, daß neuere Minidisc-Recorder wie auch die meisten Portables einen Mono-Recording-Modus unterstützen, was sich in der doppelten Spielzeit(!) niederschlägt. Im Maximalfall bedeutet dies 160 Minuten Hi-Fi-Mono Aufnahme auf einer 80er Minidisc.

Nachbearbeitung (Schneiden) mit Minidisc

Die herausragendste Eigenschaft der Minidisc für mich ist die ausgezeichnete Editierbarkeit des aufgenommenen Materials. Während im professionellen Fernsehbereich immer noch 25 Bilder bzw. 50 Halbbilder (Frames) als beste Schnittgenauigkeit möglich sind (zumindest On-line), arbeiten Minidiscs mit einer Auflösung von 1/80 Sekunden, damit wird Audioschnitt in Studio-Qualität im Homebereich möglich! Rauschfetzen, Laufgeräusche des Plattenspielers und Knacker in den Pausen kann man ganz simpel "rausschneiden". Unerwünschte Musikstücke können entfernt und zu lange oder langweilige Musikpassagen auf ein gewünschtes Maß gekürzt werden. Bei entsprechendem Gespür und etwas Übung werden diese Schnitte unhörbar! Wem die ursprüngliche Musikreihenfolge einer Aufnahme nicht gefällt, der kann die Reihenfolge mit "MOVE" beliebig verändern.

Jede Minidisc kann einen Namen bekommen, ebenso jeder Titel. Normalerweise geschieht die Eingabe über die jeweilige Fernbedienung, oder am Gerät. Es gibt jedoch bereits Geräte, die für eine PC-Schnittstelle ausgerüstet sind, die bei entsprechender Software eine Betitelung vom PC aus erlaubt. Diese Namen bzw. Titel sind selbstverständlich beliebig oft veränderbar.

Brauche ich einen Player oder Recorder?

Tja, eigentlich ganz simpel. Die Kombination von stationärem Aufnahmegerät und mobilem Wiedergabegerät ist für die meisten ideal. Aber auch der umgekehrte Fall wäre denkbar, wenn... es denn so viele stationäre Minidisc-Player gäbe... An den mobilen Recordern fehlt es jedenfalls nicht. Auch sind diese allesamt sehr gut. Beim Kauf sollte man darauf achten, daß mindestens ATRAC 4 zum Einsatz kommt. Die Aussteuerungsanzeige sollte gut ablesbar und wichtige Bedienelemente wie der Aufnahmeknopf und der PAUSE-Knopf leicht erreichbar sein. Wenn ein Gerät über eine TOC Copy Funktion verfügt wie manche Sharp-Geräte, ist das ein nützliches, aber nicht lebensnotwendiges Feature. Monofähig hingegen sollte das Gerät schon sein, falls man etwa Mono-Aufnahmen Dritter bekommt. Minidisc-Geräte kann man auch gebraucht kaufen. Ich rate dann aber; zuerst mal einen Blick auf die Seite von Toni Übler zu werfen.

Resumée

Minidisc ist einfach zu handhaben, Fehler sind rückgängig zu machen, die Titel sind beim Abspielen sichtbar, Minidisc ist komfortabel und klasse. CDs sind universell einsetzbar, echte Audio-CDs können überall abgespielt werden, wo ein CD-Player steht, die meisten DVD-Player können inzwischen auch CD-R abspielen. Wer also Bedenken hat wegen der Kompatibilität, sollte auf jeden Fall CD als Endprodukt ansteuern, aber selbst jenen kann ich nur empfehlen: Erst Aufnahme auf Minidisc, dann auf CD überspielen!

Eigenschaften von Minidisc-Geräten

  • extreme Erschütterungsfreiheit
  • langlebige, sehr kleine Medien
  • ideal für Archivierungszwecke
  • sehr gute Editierbarkeit
  • Abtastraten-Wandler eingebaut
  • leicht bedienbar
  • Program /Shuffle Play wie bei CD möglich
  • manchmal mit Pitch-Control (Tonhöhen-Umsetzung)
  • es gibt 4-fach-Speed Kopierer m. MD-Recorder/CD-Player
  • manchmal Digital-Recording-Level regelbar
  • manchmal auch Digital-Play-Level regelbar
  • Minidiscs gibt es in folgenden "Längen":

  • 60 Min - ideal für Langspielplatten
  • 74 Min - Standardlänge für CDs
  • 80 Min - für überlange CDs oder 2 Langspielplatten

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    Helmut Jungkunz

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